Affirmationen, also kurze, positiv formulierte Sätze, die Menschen häufig wiederholen, um eine erwünschte Überzeugung oder ein Verhalten zu verankern, sind ein zunehmend beliebtes Werkzeug in der Persönlichkeitsentwicklung und der mentalen Gesundheit. Im Kern geht es bei Affirmationen darum, positive Gedanken und Selbstbilder zu fördern und dadurch das Selbstbewusstsein und die Motivation zu stärken. Doch wie effektiv sind Affirmationen wirklich, und gibt es wissenschaftliche Belege für ihren Nutzen?

Ursprung und Grundgedanke der Affirmationen
Die Idee der Affirmationen findet ihren Ursprung in psychologischen und spirituellen Konzepten, die sich mit der Kraft des positiven Denkens auseinandersetzen. Die Methode wurde besonders durch die Werke von Persönlichkeitsentwicklern wie Louise Hay populär, die die Vorstellung vertrat, dass Gedanken direkte Auswirkungen auf das Wohlbefinden und das Leben eines Menschen haben können. Hay und andere Vertreter positiver Psychologie glaubten, dass das häufige Wiederholen positiver Aussagen helfen könne, das Unterbewusstsein zu „programmieren“ und negative Glaubenssätze zu überwinden.
Der Grundgedanke dabei ist, dass sich die Wahrnehmung der eigenen Person und die Einstellung zu Situationen durch die Verwendung von Affirmationen verändern lässt. Die kontinuierliche Wiederholung positiver Botschaften soll helfen, destruktive Überzeugungen aufzulösen, die oft tief im Unterbewusstsein verankert sind, und stattdessen ein positives Selbstbild zu fördern.
Nutzen und Vorteile: Affirmationen sind umstritten
Die Wirksamkeit von Affirmationen ist jedoch nicht unumstritten. Studien zeigen, dass Affirmationen für manche Menschen positive Effekte haben können, während sie für andere wirkungslos oder sogar kontraproduktiv sind. Der Effekt von Affirmationen kann insbesondere von den individuellen Voraussetzungen und dem Selbstwertgefühl einer Person abhängen.
Menschen mit einem bereits starken Selbstwertgefühl können laut Studien von Affirmationen profitieren, da sie ihre positiven Selbstwahrnehmungen verstärken können. Hier können Affirmationen helfen, bestehende Überzeugungen zu festigen und die emotionale Resilienz zu fördern. Bei Personen mit geringem Selbstwert hingegen können Affirmationen gegenteilige Effekte auslösen. Wenn eine Person, die sich beispielsweise für wertlos hält, sich wiederholt selbst sagt: „Ich bin wertvoll“, kann dies zu einer inneren Ablehnung führen, da diese Aussage nicht mit ihrem gegenwärtigen Selbstbild übereinstimmt. Dies wird auch als kognitive Dissonanz bezeichnet, und Studien zeigen, dass Affirmationen in solchen Fällen eher Frustration und ein schlechtes Gefühl auslösen können.
Wissenschaftliche Belege zur Wirksamkeit von Affirmationen
Die Forschung zu Affirmationen ist gemischt und zeigt, dass Affirmationen nicht für alle gleich wirksam sind. Eine Studie von Joanne V. Wood et al. (2009) untersuchte, wie Affirmationen Menschen mit niedrigem und hohem Selbstwert beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass Affirmationen das Wohlbefinden von Personen mit hohem Selbstwert stärkten, während sie bei Menschen mit niedrigem Selbstwertgefühl keinen positiven Effekt hatten oder die negativen Gefühle sogar verstärkten. Diese Forschung deutet darauf hin, dass Affirmationen kein universelles Mittel zur Steigerung des Wohlbefindens sind, sondern stark von der individuellen Ausgangslage und Einstellung abhängen.
Ein weiteres Konzept in der Forschung ist das „Selbstbestätigungstheorie“ (self-affirmation theory), die von Claude Steele in den 1980er Jahren entwickelt wurde. Diese Theorie besagt, dass Menschen ein Bedürfnis danach haben, sich selbst als kompetent und moralisch integer zu sehen, und dass Selbstbestätigung eine Möglichkeit ist, dieses Selbstbild aufrechtzuerhalten. Studien zeigen, dass Affirmationen helfen können, in stressigen oder herausfordernden Situationen das Selbstbild zu stabilisieren, was das Selbstvertrauen stärken und Ängste mindern kann.
Kritische Betrachtungen und Grenzen der Affirmation
Affirmationen haben ihre Grenzen und sind nicht als Allheilmittel geeignet. Ein Problem ist, dass Affirmationen oft auf einfache Aussagen beschränkt sind, die keinen umfassenden Bezug zur Realität der betroffenen Person haben. Wenn Affirmationen nicht durch realistische Selbstreflexion und konkretes Handeln unterstützt werden, bleibt ihr Effekt meist oberflächlich. Außerdem können sie, wenn sie übermäßig eingesetzt werden, sogar zur Selbsttäuschung führen, wenn sie nicht in Einklang mit dem eigenen Leben stehen.
Zusätzlich können Affirmationen bei Menschen, die sich in schweren psychischen Krisen oder mit niedrigem Selbstwert befinden, keine langfristigen, nachhaltigen Veränderungen bewirken und sind nicht als Ersatz für therapeutische Hilfe geeignet. Psychotherapeutische Ansätze wie die kognitive Verhaltenstherapie gehen wesentlich tiefer und setzen an den zugrundeliegenden Überzeugungen und Verhaltensmustern an.
Was eine Glücksexpertin zu den Affirmationen sagt
Ergänzende Informationen: Dr. Katharina Tempel, eine promovierte Psychologin und bekannt als der „Glücksdetektiv“, hat sich intensiv mit dem Thema Glück und mentale Gesundheit auseinandergesetzt und bietet auf ihrem Blog und YouTube-Kanal wertvolle Einsichten und Tipps zur Persönlichkeitsentwicklung. In einem ihrer Beiträge geht Dr. Tempel detailliert auf Affirmationen ein und beleuchtet ihre Chancen und Risiken.
In ihrem Blog und dem dazugehörigen Video erklärt sie, dass Affirmationen durchaus positive Effekte haben können, insbesondere wenn sie in Verbindung mit realistischen Zielen und persönlichem Wachstum stehen. Dr. Tempel weist darauf hin, dass Affirmationen in manchen Fällen nützlich sein können, sie jedoch mit Bedacht und in Übereinstimmung mit dem eigenen Selbstbild angewandt werden sollten. Wichtig sei es, die Affirmationen an die persönliche Lebenssituation anzupassen und eine authentische Verbindung zu den Aussagen zu entwickeln. Für Menschen, die mit Zweifeln oder Unsicherheiten kämpfen, schlägt Dr. Tempel vor, stattdessen eine sanftere, weniger konfrontative Sprache zu wählen und sich Affirmationen zu suchen, die kleine, realistische Fortschritte betonen.
Fazit: Zusammenfassend ist Affirmationen ein Werkzeug, das für manche Menschen durchaus positive Effekte haben kann, jedoch nicht für alle gleichermaßen geeignet ist. Dr. Tempels Ansatz legt nahe, dass Affirmationen am besten wirken, wenn sie im Kontext eines realistischen Selbstbildes und einer positiven, aber authentischen Selbstwahrnehmung genutzt werden.
Bildquellen
- nature-8064210_1280: Bild von mooremeditation auf Pixabay