Im Schlosshotel Bad Wilhelmshöhe Conference & Spa hatte ich die Möglichkeit, eine 90-minütige Hamam-Behandlung zu erleben. Diese traditionelle Wellnessanwendung vereint die jahrhundertealte Kunst der Reinigung und Entspannung mit modernen Wellness-Elementen. Der Hamam ist tief in der arabischen und osmanischen Kultur verwurzelt und wird bis heute geschätzt, sowohl als Ort der Körperpflege als auch der spirituellen Erneuerung.

Die Ursprünge und Tradition des Hamams
Der Hamam hat seine Wurzeln in der antiken Badekultur der Römer und Griechen, deren Einflüsse durch das Osmanische Reich in die islamische Welt gelangten. Der Begriff „Hamam“ oder auch „Hammam“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet „wärmen“ oder „erhitzen“. Ursprünglich diente der Hamam nicht nur der körperlichen Reinigung, sondern spielte auch eine zentrale Rolle in der religiösen Praxis des Islam, wo Reinheit eine große Bedeutung hat. Traditionell wurden Männer und Frauen zu unterschiedlichen Zeiten oder in getrennten Räumen bedient, wobei der Hamam als Ort der sozialen Begegnung und des Austauschs diente. Im türkischen wie auch im arabischen Raum ist es sogar üblich, dass schwangeren Frauen bis circa vier Wochen vor der Entbindung ein Hamam besuchen, um sich durch Entspannung auf die Geburt vorzubereiten.
Der Ablauf des Hamam-Rituals
Mein Hamam-Erlebnis begann, wie in der Tradition üblich, mit einer Dusche, die der Vorreinigung des Körpers dient. Anschließend wurde ich in einen warmen Raum geführt, dessen Temperatur angenehm kreislaufschonend zwischen 50°C und 60°C lag. Diese moderate Wärme hilft dabei, die Muskeln sanft zu entspannen und die Poren zu öffnen, ohne den Körper zu überhitzen.
Nachdem ich mich im Raum akklimatisiert hatte, erklärte mir der Tellak (der Behandler) das Reinigungsritual vorerst Schritt für Schritt. Auf einem großen Stein liegend wurde ich mehrfach mit lauwarmem Wasser übergossen. Diese wiederholten Wassergüsse helfen dabei, den Körper auf die Reinigung vorzubereiten und eine Entspannung zu fördern.
Diese Phase des Hamam-Rituals ist von besonderer Bedeutung, da die Wärme die Poren öffnet und die Haut auf die tiefe Reinigung vorbereitet. Der Ablauf folgt dem gängigen Muster, bei dem die heilende Wirkung des Wassers genutzt wird, um Körper und Geist zu entspannen.
Dann wurde mein ganzer Körper mit Seifenschaum eingehüllt. Dazu verwendete der Tellak einen großen Schwamm, um den Schaum gleichmäßig aufzutragen. Der Schaum selbst soll traditionell aus einer speziellen Olivenölseife stammen, die besonders pflegend wirkt und die Haut reinigt, ohne sie auszutrocknen. Zusammen mit dem Schwamm (Kessa), der oftmals auch ein Handschuh ist und in meinem Fall eher ein grobes Leinen-Tuch war, ergibt sich ein leichter Peeling-Effekt, der die Haut schonend reinigt und die Durchblutung anregt.
Dieser Teil des Hamam-Rituals hat nicht nur eine reinigende Funktion, sondern trägt auch zur Entspannung des Geistes bei, während der sanfte Duft der Seife die Sinne beruhigt. Mehrmals wurde ich mit Wasser abgegossen, um den Schaum abzuspülen und die Haut auf das Peeling vorzubereiten. Während dieser Prozedur war der Körper immer wieder von einem wohltuenden Wechselspiel aus Schaum und warmem Wasser umgeben, das die tiefe Reinigung der Haut unterstützte und gleichzeitig den Kreislauf stimulierte.
Welche Pflegeprodukte werden verwendet?
Der Tellak erklärt mir, dass zur Reinigung eigentlich die so genannte Beldi-Seife verwendet wird. Diese Olivenöl-Seife, die ihren Ursprung in Marokko hat, wird aus mazerierten Oliven hergestellt und ist hochalkalisch, was sich positiv auf den Effekt der Reinigung auswirkt. Aufgrund der schwarzen Farbe wird sie in modernen Hamams aber nicht gerne genommen. Hier verwendet man andere Olivenseifen oder Produkte mit einer anderen Basis. Welche sollte individuell erfragt werden. Meist gibt es verschiedene Pflegeprodukte mit unterschiedlichen Duftrichtungen zur Auswahl.
Die Aromaölmassage und ihre Wirkung
Nach der Reinigung folgte eine wohltuende Aromaölmassage in einem separaten Massageraum. Diese Trennung der beiden Behandlungsbereiche folgt dem traditionellen Aufbau eines Hamam-Rituals. Während der Hamam-Raum auf Reinigung und Wärme konzentriert ist, bietet der Massageraum eine Umgebung für tiefe Entspannung und Pflege.
Schon etwas duselig von der „Körperwäsche“ hatte ich Mühe, während der Massage nicht einzuschlafen. In modernen Hamam-Behandlungen wird diese Massage häufig mit aromatischen Ölen kombiniert, um die Muskeln zu entspannen und die Haut zu pflegen. In meinem Fall durfte ich wählen zwischen Pfefferminze, Ingwer-Orange und einer floralen Mischung. Gewöhnlich werden Argan- und Olivenöle verwendet, mit der die Haut eine Rückfettung erhalten. Die warmen Öle, die tief in die Haut einziehen, hinterlassen ein seidiges Gefühl und fördern die Regeneration der Haut. Diese Kombination aus traditioneller Reinigung und moderner Massage bietet ein umfassendes und vor allem langwährendes Wohlfühlerlebnis.
Was trägt man in einem Hamam während der Anwendung?
Ich war durch meine Freundin vorgewarnt, die mir mit Blick auf meinen Badeanzug sagte, dass ich den nicht tragen könne. Daher war ich auch nicht erstaunt, als ich zu einer Umkleidekabine geführt, dem sogenannten „Camekan“, und mir eine Art knappe Einmalunterhose sowie ein größeres Handtuch (im arabischen Raum ist es das „Pestemal“ – ein Leinenhandtuch) gereicht wurde. Gleichwohl ich den Zweck von Einmalunterhosen verstehe und auch einsehe, dass diese aufgrund der kurzen Nutzungsdauer nicht hübsch anzusehen brauchen, empfand ich den Überwurf, der wie ein Tanga für Operationen aussah und eben trotz der Knappheit an Krankenhäuser erinnerte, als einziges Manko an der gesamten Zeremonie. Hier könnte man vorweg – bei der Buchung, über die Webseite…. – darüber informieren, dass während der Zeremonie eine Bikinihose getragen werden sollte, und die Wegwerfpacks nur für den Notfall bereit halten.
Traditionell ist völlige Nacktheit in einem Hamam nicht erlaubt. Frauen tragen ihre Unterhose oder einen Bikini und auch Männer bedecken ihren Schambereich durch Kleidung. Während meiner Anwendung war ich jedoch bis auf die Unterhose nackt. Da die Anwendung aber auf dem Bauch liegend beginnt und der Tellak darauf bedacht ist, mit dem Leinentuch intime Hautregionen abzudecken, ist die Anwendung trotz der eigentlich hohen Intimität, die eine ausführliche Körperpflege (wann wird man im Erwachsenenalter noch von jemand anderen gewaschen?) mit sich bringt, nicht unangenehm und in keiner Form peinlich.
Fazit: Eine Reise in die Tradition des Hamams
Das Hamam-Erlebnis im Schlosshotel Bad Wilhelmshöhe Conference & Spa vereint die reiche Tradition des Orients mit modernen Wellnessanwendungen. Es bietet nicht nur eine intensive körperliche Reinigung, sondern auch eine tiefe, langanhaltende Entspannung, die weit über den Moment der Behandlung hinauswirkt. Zurück im Ruheraum war ich selig und absolut entspannt. Dieser angenehme Zustand hielt bis zum Abend an. Plus: Meine Haut war niemals zuvor so rosig und geschmeidig. Ich war tief beeindruckt von der Zeremonie und schaue seitdem bei der Buchung von Wellnesshotels immer, ob ich die Möglichkeit habe, eine Hamam-Anwendung für mich zu reservieren!
Tipp: Sollten Sie auf der Webseite des gewünschten Hotels auf das Hamam-Angebot stoßen, buchen Sie die Anwendung direkt mit der Buchung ihres Aufenthalts. Hamams sind meist schnell ausgebucht. Aufgrund der reinigenden Wirkung wird das Hamam meist auf den Beginn des Urlaubs oder auf den letzten Tag gesetzt; ersteres, um Poren zu öffnen und die Haut empfänglich für alle weiteren Anwendungen zu machen; letzteres als krönenden Abschluss.
Bildquellen
- Design ohne Titel (1): Canva - Designvorlage